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3. April 2023

Projektpanorama Revisited

"Die Anforderungen an das Projekt sind im ganzen Raum um mich herum verteilt und unsortiert. Das macht mir Angst."

Im Projektpanorama sind neben den Projektmitarbeitern auch die anderen Stakeholder des Projekts repräsentiert und natürlich auch das Thema des Projekts, Meilensteine, Ziele, Anforderungen und weitere Aspekte, die das Potenzial in sich tragen, im Verlauf des Projekts Probleme zu verursachen. Im links abgebildeten Projekt sind es unter Anderem die Anforderungen. Durch die unorgenisierte Sicht darauf können diese nicht wirklich sinnvoll verwaltet, abgearbeitet und nachverfolgt werden. Aber auch andere Themen können zu Projektpanoramen mit Konfliktpotenzial führen, z.B. wenn ein Projekt große Veränderungen mit sich bringt, sei es in der Art des Proejtmanagements und der Umsetzung oder durch daraus folgende umfangreiche prozedurale und / oder organisatorische Veränderungen.

Ein häufiger Fall ist die Reorganisation der Projektarbeit, weg von der klassischen Projektabwicklung mit den altvertrauten Projektphasen, auch als Wasserfallmodell bezeichnet, hin zu einer agilen Arbeitsweise, die gekennzeichnet ist durch erhöhte Eigenverantwortung, arbeiten in kurzen Zyklen – Sprints oder Iterations –, Aufteilung der Arbeit in nutzbare Einheiten – Continuous Integration, Continuous Delivery – und Selbstorganisation der Teams.

 Mitarbeiter, die über viele Jahre gewohnt waren, dass Projekte immer nach dem gleichen Ablauf geplant und durchgeführt werden, Entscheidungen von der Projektleitung oder dem Steuerungsausschuss entschieden werden und "von oben" her gesteuert werden, tun sich teilweise schwer mit der im agilen Umfeld geforderten Selbstorganisation. Eine solche Umstellung bringt Unsicherheiten mit sich. Menschen sind unterschiedlich gut im Umgang mit Veränderungen und Unsicherheit und so können in einem solchen Veränderungsprozess massive Widerstände entstehen. Wenn dann in einem so zusammengestellten Team erfahrene Mitarbeiter aus der "alten Welt" mit Juniors zusammentreffen, die schon mit der agilen Arbeitsweise vertraut sind, weil sie diese schon in ihrer Ausbildung kennengelernt haben, dann ist ausreichend Konfliktpotenzial vorhanden, um ein Projekt komplett zu blockieren. 

Mit dem Projektpanorama ist es möglich solche Konfliktpotenziale aufzudecken und aufzulösen. Dazu lässt  man alle Projektmitglieder das Projekt aus jeweils ihrer Perspektive in einem Projektpanorama zeichnen, um anschliessend die Sichtweisen zusammen zu führen und so letztlich hoffentlich zu einem gemeinsamen Projektpanorama zu kommen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Konsolidierung durch systemische Aufstellung

Bei dieser Variante nehmen die Projektteammitglieder jeweils nacheinander die Positionen jedes Panoramas ein, um so die verschiedenen Sichtweise jeweils selbst wahrnehmen und erfahren zu können. Anahnd dieser Wahrnehmungen wird dann jedes Panorama soweit agepasst, bis ein zumindest neutraler Ausgleich geschaffen ist. Ein solches Vorgehen nimmt allerdings sehr viel Zeit in Anspruch, da jede einzelne systemische Aufstellng leicht ein bis zwei Stunden beansprucht, was natürlich auch von der Gruppengröße und der Anzahl Konfliktpunkte abhängt. Es ist allerdings zu erwarten, dass mit zunehmender Anzahl der Aufstellungen der Ausgleich schneller geht, da viele Aspekte in den vorangegangenen Aufstellungen schon gelöst werden konnten.

Konsolidierung durch wiederholten Abgleich

Eine andere Variante besteht darin die Panoramen zunächst in Zweiergruppen miteinander zu vergleichen und zu einem Panorama zusammen zuführen. In einem weiteren Schritt werden dann wiederum je zwei Gruppen zusammengeführt, um erneut die Panoramen zu konsolidieren usw. bis am Ende ein gemeinsames Panorama zu erstellen. Dabei ist es wichtig, dass sich die Gruppen jeweils über die Wahrnehmung der Gefühle austauschen, die beim Betrachten des jeweils anderen Panoramas entstehen, denn genau dieser Austausch ist es, der letztlich zu einem gegenseitigen Verständnis und dann zu einer gemeinsamen Ziel- und Lösungsorientierung führt.

Einzel-Coaching mit ausgewählten Teammitgliedern

Sollte sich bei der Auswertung der Projektpanoramen duch den Coach zeigen, dass es einige wenige Protagonisten des Konflikts gibt, dann kann der Coach auch mit diesen jeweils Einzelsitzungen durchführen und sie in die Wahrnehmungspositionen der Anderen führen, um sie so wahrnehmen zu lassen, wie ihre eigene Sichtweise und daraus resultierend ihr Handeln auf das Team wirkt.

Wertschätzende Kommunikation

Bei allen Vorgehensweisen sollten die Grundsätze wertschätzender Kommunikation, wie sie z.B. Marshal B. Rosenberg in der Gewaltfreien Kommunikation beschrieben hat, eingehalten werden. Darum ist es wichtig die Grundsätze der Arbeit mit dem Projektpanorama zu Beginn klar zu vermitteln und idealerweise auch als Merker im Raum z.B. an einem Flipchart zu notieren und während der Arbeit der Gruppen auch auf die Einhaltung zu achten und wenn nötig zu intervenieren.